Temporärarbeit – ein Schlüssel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf?

Politik

Nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative wird es in den kommenden Jahren darauf ankommen, das Inländerpotential voll auszuschöpfen. Eine bessere Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie ist dabei eine der möglichen Stellschrauben. Hier kann die Temporärbranche einen wichtigen Beitrag leisten. Ein Beispiel könnte in Anlehnung an einen aktuellen Tagesanzeigerartikel der Detailhandel sein.

Über 67 Prozent der Beschäftigten in diesem Sektor sind Frauen, die überdurchschnittlich häufig Teilzeit arbeiten, weil sie anders Familie und Beruf nicht unter einen Hut bringen. Doch für dezentral organisierte Detailhändler ist es praktisch unmöglich, der Empfehlung des Arbeitgeberverbands nachzukommen und ihren Mitarbeitenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Da aber an einem Standort meist viele Detailhändler angesiedelt sind, ist es grundsätzlich vorstellbar, dass ein Temporärunternehmen Mitarbeitende an die verschiedenen Händler verleiht und ihnen den Zugang zu Betreuungseinrichtungen vor Ort ermöglicht.

Damit ein solches Modell praktisch funktioniert, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Allen voran müssen die Kunden eines Verleihers tatsächlich an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf interessiert sein und dafür auch eine ausreichende Zahlungsbereitschaft haben. Zweitens müssten genügend Detailhändler an einem Standort bereit sein, sich längerfristig an ein Zeitarbeitsunternehmen zu binden, über das sie einen hohen Teil ihrer Angestellten beschäftigen. Nur wenn die Zahlungsbereitschaft und die Zahl der verliehenen Arbeitnehmer an einem Standort hoch genug sind, würde ein solches Konzept für den Verleiher wirtschaftlich tragfähig.

Die Umsetzungsprobleme sind offensichtlich. Konkurrenten im Detailhandel müssten bereit sein, einen hohen Teil ihrer Beschäftigten von einem gemeinsamen Verleihbetrieb zu beziehen. Angesichts des starken Wettbewerbs im Detailhandel dürften die entsprechenden Unternehmen Vorbehalte haben. Insbesondere weil eine langfristige Vertragsbindung zwingend wäre, um dem Verleihbetrieb die nötige Planungssicherheit zu geben. Teil des Wettbewerbs im Detailhandel ist aber auch, dass alle Händler bestrebt sind, in der Öffentlichkeit als möglichst gute Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Doch wie das Beispiel zeigt,  könnten diese in mancherlei Hinsicht erst zu richtig guten Arbeitgebern werden, wenn sie verstärkt auf Temporärarbeit setzten und damit erst die Voraussetzungen für gewisse Arbeitgeberleistungen wie eine geeignete Kinderbetreuung schaffen würden.

Bislang stand vor allem in Anlehnung an den Tagesanzeiger-Artikel der Detailhandel als Beispiel im Vordergrund. Grundsätzlich lässt sich das bisher Gesagte auch auf Industrie- und Gewerbegebiete allgemein übertragen. Hier scheinen die Vorteile der Temporärarbeit noch schlagender zu sein. Nur ein Temporärbüro bringt die Flexibilität mit, weite Teile der heterogenen Arbeitnehmerschaft in einem solchen Gebiet unter einem Dach zu sammeln und lokale Arbeitgeberleistungen zu organisieren. Gerade für KMUs kann das in Zeiten des Fachkräftemangels eine Chance sein, um mit den großen Playern im Wettbewerb um die besten Köpfe mithalten zu können. Gegenwärtig scheinen jedoch aufgrund der genannten Probleme solche Konzepte weiter eine Fiktion für die Arbeitswelt von morgen zu bleiben.