Inländervorrang: Beweis tut Not!

Die Wirtschaft hat eine Aufgabe gefasst: Das inländische Arbeitskräftepotenzial auszuschöpfen. Offenbar plagt die Bevölkerung ein ungutes Gefühl, dass Inländerinnen und Inländern kein Vorrang gegeben wird, wenn hiesige Unternehmen Personal rekrutieren.

Die Rede ist hauptsächlich von älteren Erwerbspersonen und Müttern, die unfreiwillig erwerbslos sind. Verschiedene Organisationen haben Hochrechnungen angestellt. Allesamt gehen sie von rund 300 000 Personen aus, die im Inland verfügbar sind und deren Potenzial brachliegt. Die Wirtschaft muss nun also den Beweis erbringen, dass sie sorgfältig mit den inländischen Personalressourcen umgeht. Anderenfalls drohen weitere wirtschaftsunverträgliche Stimmentscheide an der Urne. Die Unternehmen werden nicht umhin kommen, einen gewissen Aufwand zu betreiben, um vom Arbeitsmarkt noch ausgeschlossene Personen gewinnbringend zu integrieren. Flexible Arbeitszeitmodelle, Kindertagesstätten, Umschulungen, Coachings etc. gehören zum Repertoire, das sie sich zulegen müssen. Selbstverständlich können auch Personaldienstleister ihren Beitrag leisten. Gerade die Temporärarbeit bietet niederschwellige Einstiegsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt. Dies gilt sowohl für die Stellensuchenden als auch für die Einsatzbetriebe.

Nach dem Try & Hire-Modell können beide Seiten testen, ob sie miteinander funktionieren. Ausserdem verfügt die Temporärbranche über einen eigenen Weiterbildungsfonds, um beim (Wieder-)Einstieg zu unterstützen.

Wenn sich die Arbeitgeber bemühen, werden sie im Gegenzug begründet aufzeigen können, wo die Grenzen des inländischen Arbeitskräftepotentials liegen. Denn der Fachkräftemangel hat auch mit Strukturwandel zu tun. Bestehende Jobs werden durch den Wandel zerstört, weitere mit neuen Anforderungen geschaffen. Dieser Realität muss man sich stellen. Rein mathematisch lässt sich der Fachkräftemangel nicht lösen. Der Match am Arbeitsmarkt zwischen den verfügbaren und den benötigten Qualifikationen ist eine qualitative und komplexe Gleichung.

Die Schweiz ist bislang gut mit dem technologischen Fortschritt klargekommen. Davon zeugt die über Jahrzehnte vergleichsweise tiefe Arbeitslosigkeit. Doch nur das stetige und gemeinsame Bemühen von Arbeitnehmenden und Arbeitgebern, Qualifikationen à jour zu halten und Innovation zu schaffen, ist ein Garant dafür.