Arbeit auf Zeit – Eine Reflexion über Partnerschaften

Temporäres Arbeitspersonal ist Vertrauenssache. Richard Mader, seit 18 Jahren Bauführer und Bereichsleiter Hochbau bei der Marti AG Zürich, spricht im Interview mit Valery Lorenz, Personalberaterin und Mitinhaberin der mein job Zürich gmbh, über Vor- und Nachteile von Mitarbeitern auf Zeit.

Herr Mader, erzählen Sie uns zuerst etwas von Ihrem Werdegang?

Baustellen haben mich schon immer fasziniert, weshalb meine berufliche Laufbahn früh vorprogrammiert war: Nach der Schulzeit habe ich eine Lehre als Tiefbauzeichner und dann die Maurerzusatzlehre absolviert. Im Anschluss bin ich mit Kollegen aus der Maurerlehre nach Australien gereist, wo wir innerhalb eines halben Jahres ein Haus gebaut haben. Alles selber, von den Baumeisterarbeiten bis hin zur Dachkonstruktion. Dies war eine tolle Erfahrung. Nach einigen Jahren als Maurer und Schaler im Akkord besuchte ich 1996 bis 1999 die Schweizerische Bauschule in Aarau und absolvierte während dieser Zeit das Bauführerpraktikum bei der Marti AG. Danach begann ich als Bauführer.

Welches waren Ihre Highlights in diesen 18 Jahren bei der Marti AG?

Meine grössten Highlights waren sicher die Bauführung für die Hochhausbauten dem Prime Tower in Zürich und kurze Zeit später dem Roche-Bau 1 in Basel. Zurzeit haben wir einige grosse Objekte im Raum Zürich. Besonders erwähnenswert ist die Erweiterung des Kunsthauses Zürich. Neben den Hochbauprojekten bin ich für das temporäre Personal zuständig.

Wie viele temporäre Mitarbeiter beschäftigt die Marti AG?

Zwischen 30 und 80 Personen. Da gibt es Schwankungen, aber wir brauchen das, dieser Puffer ist wichtig.

Mit wie vielen Anbietern arbeiten Sie zusammen und worauf achten Sie bei der Auswahl?

Mit einer Handvoll, wir sind da sehr selektiv. Wir möchten faire, vertrauensvolle und nachhaltige Partnerschaften, Flexibilität sowie hohe Erreichbarkeit, Tag und Nacht (schmunzelt). Wenn ich am Sonntagabend einen Anruf von einem Kranführer bekomme, er sei krank, was mache ich dann? Hier ist eine enge Beziehung zwischen dem Einsatzbetrieb und den Verleihern entscheidend.

Schauen Sie, ob die Anbieter Mitglied bei swissstaffing sind?

In unseren Verträgen ist definiert, dass sich die Partner an die Regelungen von swissstaffing halten müssen. Uns ist wichtig, dass alle Bestimmungen und Regelungen nach LMV eingehalten werden. Wenn wir eine Unregelmässigkeit bei Lohnzahlungen feststellen, beenden wir die Partnerschaft umgehend. Was ich nicht mag, ist, wenn Temporäre permanent zwischen den einzelnen Büros wechseln, nur um wieder einen Franken mehr zu verdienen. Diese Spiele mache ich nicht mit, ich will meine Geschäftspartner ja nicht verärgern.

In welcher Hinsicht können sich Ihrer Meinung nach die Anbieter temporärer Mitarbeiter noch verbessern?

Sie könnten die Bewerber noch besser auf ihre Qualifikation prüfen und die angegebenen Erfahrungen sowie Kompetenzen hinterfragen. Ausserdem sollten die Anweisungen bezüglich Arbeitssicherheit Punkt für Punkt durchgegangen und nicht einfach als bereits bekannt hingenommen werden.

Haben Sie das Gefühl, die Verleiher machen in Sachen Arbeitssicherheit zu wenig?

Ja. Wir instruieren die Leute auf der Baustelle nochmals, obwohl laut Gesetz bereits die Verleiher verpflichtet sind, ihre Mitarbeitenden korrekt zu schulen. Hier würde ich mir eine Verbesserung wünschen. Mein Ziel ist es, dass gesundheitlichen Problemen vorgebeugt wird und jeder Mitarbeiter am Abend gesund zu seiner Familie zurückkehren kann. Sind Mitarbeiter komplett neu auf der Baustelle, geben wir ihnen einen «Götti» mit, der ihnen alles zeigt und sie kompetent betreut.

Was hat die temporäre Arbeit in der Baubranche für eine Stellung? Bereicherung oder Mittel zum Zweck?

Es sollte ein gesundes Verhältnis zwischen Temporären und Festangestellten vorhanden sein. Wir brauchen die temporären Mitarbeiter, um Schwankungen auszugleichen. Die heutzutage geforderte Leistung und Qualität erreicht man aus Erfahrung mit eigenem, langjährigem und qualifiziertem Personal besser. Wir haben aber sehr gute Temporäre, die wir schon so lange beschäftigen, dass sie schon fast wie unsere eigenen Mitarbeiter sind.

Hat die Digitalisierung einen Einfluss auf die temporäre Arbeit im Bau?

Im Kaderbereich schon. Es entstehen neue Berufskategorien wie z. B. BIM- Koordinator/Manager. Einige unserer Projekte werden bereits mit BIM unterstützt. Aber bei Maurern, die das Werk stellen, findet in diesem Bereich noch kaum Veränderung statt.

Wenn Sie einen Wunsch für die Zusammenarbeit mit Personalvermittlern frei hätten, welcher wäre dies?

Ich wünsche mir einen fairen Umgang in jeder Hinsicht. Die Verleiher sollen ihre Mitarbeiter korrekt behandeln, genauso wie auch wir eine respektvolle Zusammenarbeit mit ihnen anstreben. Wenn eine ehrliche und offene Kommunikation stattfindet, bin ich glücklich und zufrieden.

Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre ausführlichen Antworten.

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