Flexwork: flexibel und sozial

HR Today

Flexibles Arbeiten ist zunehmend ein Bedürfnis. Doch die Flexibilität sollte nicht auf Kosten der sozialen Absicherung gehen. As Modell der Temporärarbeit erweist sich im Vergleich zu anderen Arbeitsformen als sehr fortschrittlich.

Die Welt der Arbeit befindet sich im Umbruch. Produktion, Handel und Konsum werden durch neue Technologien und globale Märkte revolutioniert. Die neue Art des Wirtschaftens löst tiefgreifende Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt aus: Einerseits führen die Umwälzungen zu sich rasch wandelnden Berufsbildern, die von Arbeitnehmenden eine stete Weiterentwicklung erfordern. Andererseits entstehen mit dem technologischen Wandel neue Lebenskonzepte, in denen nicht die Arbeit sondern das Privatleben an erster Stelle steht. Damit gewinnt flexible Arbeit für zwei Gruppen von Arbeitnehmenden an Bedeutung: Arbeitnehmende, die eine Brücke zwischen zwei Festanstellungen suchen, und Menschen, die sich bewusst für die Flexibilität in ihrem Leben entscheiden. Sie verbindet ein zentrales Bedürfnis: Flexible Arbeit und die soziale Absicherung sollen vereinbar sein.

Flexibel heisst nicht unsicher

Mit der Temporärarbeit existiert eine erprobte Arbeitsform, die Flexibilität und soziale Absicherung zusammenbringt. Während Arbeitnehmende bei Projekten und Auftragsspitzen flexibel Einsätze in Unternehmen ausführen, sind sie gleichzeitig über ihren gesetzlichen Arbeitgeber, das Temporärunternehmen, sozialversichert. Fragen wie Scheinselbstständigkeit oder fehlende Absicherungen gegen Krankheit, Unfall, Alter und Arbeitslosigkeit stellen sich nicht. Im Vergleich zur Alternative, der Selbstständigkeit, sind dies gewichtige Vorteile. Selbstständige können sich gar nicht oder nur zu hohen Kosten gegen einige der genannten Risiken absichern. Das Konzept der Temporärarbeit passt daher hervorragend in die neue Arbeitswelt. Kein Wunder hat sich ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung seit der Jahrtausendwende mehr als verdoppelt.

Temporärarbeitende: besser versichert

Mit Blick auf die soziale Absicherung sind dank dem GAV Personalverleih, Temporärarbeitende besser versichert als Arbeitnehmende gemäss OR oder Empfänger von Arbeitslosenentschädigung. Ein Beispiel ist die berufliche Vorsorge: Da die Eintrittsschwelle und der Koordinationsabzug auf den Stundenlohn heruntergebrochen wird, sind alle Temporärarbeitenden spätestens ab der 14. Arbeitswoche in einer Pensionskasse versichert. Ist die längere Einsatzdauer bereits bei Beginn absehbar oder hat der Arbeitnehmende unterstützungspflichtige Kinder, ist der Arbeitnehmende ab dem ersten Einsatztag versichert. Etwaige Lücken in der Altersvorsorge werden auf diese Weise minimiert. Bei einer Erkrankung ist Temporärarbeit ein besonderer Glücksfall. Ab Arbeitsantritt erhält ein temporärer Mitarbeiter 720 Tage lang 80 Prozent Lohnausfallentschädigung, wenn er unterstützungspflichtig ist oder in einem Einsatzbetrieb arbeitet, der einem ave GAV unterstellt ist. In den übrigen Konstellationen hat ein Temporärarbeitender in den ersten 13 Arbeitswochen Anspruch auf 60 Tage Erwerbsausfall. Danach verlängert sich der Anspruch auf 720 Tage. Zum Vergleich: Selbstständige können sich nur teuer gegen dieses Risiko versichern. Arbeitnehmende gemäss OR erhalten nach Zürcher Skala im ersten Dienstjahr lediglich 3 Wochen lang eine Lohnfortzahlung und Empfänger von Arbeitslosenentschädigung haben nur 30 Tage Anspruch auf Entschädigung.

Weiterbildung ist gefragt

Der rasche, technologische Wandel ist für Arbeitnehmende eine besondere Herausforderung. Fertigkeiten, die vor kurzer Zeit noch notwendig waren oder zukunftsweisend wirkten, können binnen weniger Jahre nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt gefragt sein. Weiterbildungsmöglichkeiten – auch über das eigene Berufsprofil hinaus – sichern deshalb zunehmend den langfristigen Erhalt der individuellen Arbeitsmarktfähigkeit ab. Mit dem paritätischen Weiterbildungsfonds temptraining haben Temporärarbeitende die Möglichkeit, eine massgeschneiderte Weiterbildung aus dem Angebot von über 1000 Weiterbildungsinstituten in der Schweiz auszuwählen. Je nach Einsatzdauer können sie derzeit Ansprüche auf Weiterbildungsleistungen von bis zu 5000 Franken erwerben und zusätzlich eine Lohnausfallentschädigung von 2800 Franken erhalten. Das einzige Kriterium für ihren persönlichen Weiterbildungsentscheid: ein Bezug zu ihrer beruflichen Weiterentwicklung.

Eine Brücke

Zum freien Entscheid für die Flexibilität gehört aber auch die Möglichkeit, in absehbarer Zeit in ein klassisches Anstellungsmodell zurückzukehren. Eine Analyse der Beschäftigungssituation von Temporärarbeitenden zeigt: Sucht ein Temporärarbeitender langfristig eine feste Anstellung, hat gut jeder Zweite diese 24 Monate nach Temporärarbeitsbeginn gefunden – unabhängig davon, ob er von Beginn an eine Feststelle gesucht hat oder sich bewusst für eine flexible Arbeitsphase entschieden hat Die Zahlen zeigen: Der Weg in die Flexibilität ist keine Einbahnstrasse sondern eine intakte Brücke im Erwerbsleben. Umgekehrt gilt: Suchen Temporärarbeitende die Flexibilität, setzen sie dieses Bekenntnis um. 24 Monate nach Beginn der Temporärarbeitsphase stehen maxmimal 25 Prozent wieder in einem festen Anstellungsverhältnis.

Verantwortungsvolle Plattformen

Die Arbeitsform Temporärarbeit entspricht nicht nur dem Zeitgeist sondern könnte auch die Lösung für die Absicherung der aufkommenden Plattformarbeit sein. Uber, der Inbegriff der Plattformarbeit, sieht sich in zahlreichen Ländern dem Vorwurf ausgesetzt, die Plattform müsse eigentlich als Arbeitgeber und nicht als reine Vermittlungsplattform auftreten. Eine Analyse der Plattform-Landschaft in der Schweiz zeigt: Die meisten Plattformen verstehen sich hierzulande als reine Vermittler. Daher dürfte die Mehrheit der vermittelten Erwerbstätigen als Selbstständige oder im Nebenverdienst tätig sein. Dass es auch anders geht, beweisen die Plattformen ADIA, Coople und Smartstaff. Bei ihnen sind die Plattformarbeitenden als Temporärarbeitende angestellt und entsprechend sozialversichert – eine Lösung mit Zukunftspotenzial für Unternehmen, Temporärarbeitende und die sozialen Sicherungssysteme.

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