Überrollt die Digitalisierung den Arbeitsmarkt?

Die Veränderung der Arbeitswelt durch die Digitalisierung ist bereits in vollem Gange. Erstens verändert die Digitalisierung Berufsbilder über alle Branchen und Qualifikationsstufen hinweg. Zweitens finden auch die Stellensuche und die Rekrutierung immer mehr in der vernetzten, virtuellen Welt statt. Und drittens entstehen neue Arbeitsformen in der sogenannten Gig-Economy, nämlich Netzwerke von Selbständigerwerbenden à la Uber, Airbnb und weitere neuartige B2B- oder B2C-Systeme.

Uberrollt die Digitalisierung den Arbeitsmarkt? Quelle: Shutterstock

In welche Richtung sich einzelne Betätigungsfelder und die Anzahl der Arbeitsplätze aufgrund der Industrie 4.0 entwickeln werden, ist schwierig vorauszusehen. Sicher ist nur, dass die Digitalisierung für uns noch einige Überraschungen bereithalten wird. Wie jede der vorangehenden industriellen Revolutionen zeigte, werden neue Berufsbilder entstehen, manche werden sich wandeln und andere ganz verschwinden. Langfristig betrachtet dürfte die Digitalisierung kaum Auswirkungen auf die Arbeitslosenquote haben. Auf dem Weg dorthin kann es aber durchaus zu strukturellen Problemen auf dem Arbeitsmarkt kommen, weil Arbeitnehmer nicht mehr über geeignete Qualifikationen verfügen. Flexibilität und der Wille zur Veränderung werden dabei eine wichtige Rolle spielen.

Es öffnen sich aber auch neue Türen: Die Gig-Economy ermöglicht es Menschen am Arbeitsmarkt teilzunehmen, die das in der starren Arbeitswelt von gestern noch nicht konnten. Und hier sehe ich die Digitalisierung als Chance für den Arbeitsmarkt, denn digitale Tools vereinfachen Vieles – sei es für das Unternehmen, den Kunden, aber auch für den Mitarbeiter. Die Nutzung digitaler Gadgets ist bereits heute für Viele eine Selbstverständlichkeit, auf allen Ausbildungsniveaus. Und unsere allergrösste Chance: Der Megatrend der Digitalisierung könnte die Lösung für das Megaproblem der demografischen Entwicklung sein.

Welche Veränderungen werden uns als Temporärbranche ereilen?

Die Abläufe der Rekrutierung, Selektion und Vermittlung werden sich weiter digitalisieren und beschleunigen. Technologiekompetenz wird so zum Erfolgsschlüssel für Personaldienstleister.

Die Attraktivität der Temporärbranche dürfte in Zukunft weiter steigen. Die Temporärarbeit als Beschäftigungsform entspricht dem Bedürfnis von Arbeitnehmern und Unternehmen nach Flexibilität. Diese Flexibilität geht dank dem ausgeklügelten Personalverleih-Regelwerk via Gesamtarbeitsvertrag und Gesetz nicht auf Kosten der sozialen Sicherheit. Dies im Unterschied zu anderen, auch neu entstehenden flexiblen Beschäftigungsformen.

Lässt sich die Digitalisierung regulieren?

Jede Umwälzung zieht mittelfristig auch eine angepasste Regulierung nach sich. Die digitale Welt dürfte allerdings schwieriger zu reglementieren und entsprechend zu kontrollieren sein. Denn die Akteure bewegen sich mit ihrer Virtualität in globalen Clouds, die sich nationalen Reglementierungen entziehen können. Auf jeden Fall sollten wir den neuen Geschäfts- und Arbeitsformen offen gegenüberstehen und sie nicht durch Gesetze und Verordnungen ersticken, bevor sie sich richtig entwickeln konnten.

Die Politik muss die Infrastruktur und die gesetzlichen Rahmenbedingungen so ausgestalten, damit die Wirtschaft die neuen Chancen beim Schopf packen und sich erfolgreich weiterentwickeln kann. Denn, wirtschaftlicher Erfolg wird auch in einer digitalisierten Welt niemandem geschenkt. Unternehmen müssen kreativ und innovativ bleiben, um die Digitalisierung der Wirtschaft nicht zu verschlafen und diese für sich zu nutzen.

Da stellt sich die Frage: Kann man es sich noch leisten nicht auf den digitalen Zug aufzuspringen? Ich meine, nein. Denn, die Digitalisierung ist viel mehr als nur ein kurzzeitiger Trend, der vermeintlich wieder abflauen wird. Die Digitalisierung ist eine Realität, und jeder muss seinen eigenen Umgang damit entwickeln.

Bei allen positiven Aspekten der Digitalisierung, Automatisierung und Roboterisierung dürfen wir den Fokus auf den Menschen nicht verlieren. Als Gesellschaft werden wir die Digitalisierung so gut meistern, wie es uns gelingt, ein gesundes Gleichgewicht herzustellen aus wirtschaftlichem Fortschritt, regulatorischem Mass und gesellschaftlicher Verantwortung.