Utopien: Die ideale Firma, während sich das Problem des Fachkräftemangels verschärft

Was zeichnet einen Top-Arbeitgeber aus?

Ein guter Arbeitgeber versteht, dass seine Mitarbeitenden sein grösstes Kapital sind. Verständnis allein aber reicht nicht. Er ist deshalb in der Lage, dieses Verständnis zu leben, seine Firmenkultur entsprechend zu gestalten und somit ein Umfeld zu schaffen, das ihn zu einem attraktiven Arbeitgeber macht. In diesem Zusammenhang hängt viel mit dem «gefühlten Erlebnis» zusammen. Nur schöngefärbte Programme für Mitarbeitende reichen schon lange nicht mehr.

Der Arbeitnehmermarkt ist hart umkämpft. Der Fachkräftemangel akzentuiert sich – was müssen Firmen heute ihren Mitarbeitenden bieten, um als ideale Firma wahrgenommen zu werden und um ihre Hiring-Lücken zu schliessen?

Hier schliesse ich an meine erste Antwort an und ergänze diese um das etwas in Mode gekommene Wort Nachhaltigkeit. Es ist aber tatsächlich nur eine nachhaltig positive Wahrnehmung von innen wie von aussen, die einen Arbeitgeber attraktiv werden lässt. Dies bedingt Kontinuität im «gefühlten Erlebnis» und verschafft über die Zeit entsprechende Glaubwürdigkeit.

Der Fachkräftemangel wird uns künftig vor neue Herausforderungen stellen. Wie kann man den Fachkräftemangel in der Schweiz begrenzen und wie können die Personaldienstleistenden die Wirtschaft dabei unterstützen?

Mitte der 30er Jahre werden ca. 30 Prozent der heute erwerbstätigen Bevölkerung in Pension gehen. Damit scheidet vor allem die Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsleben. Allein dieser Umstand zeigt, dass sich der Mangel an Fachkräften noch weiter akzentuieren wird. Die Jungen allein werden diese Lücke nicht schliessen können. Um diese sich zuspitzende Situation mindestens teilweise abfedern zu können, bräuchte es einerseits eine nochmals beschleunigte Veränderung der klassischen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau. Ein tatsächliches Wegkommen von diesem althergebrachten Gesellschaftsbild und eine tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter könnte meiner Ansicht nach durchaus zu einer höheren Erwerbsquote bei Frauen führen. Ich habe aber wohl nicht ganz unberechtigte Zweifel, wenn ich der Meinung bin, dass dieser Prozess eher lang- und weniger kurzfristig vonstattengehen wird.

Gleichzeitig gilt es wieder vermehrt, den Arbeitsmarkt zu entbürokratisieren. Nur ein liberaler Arbeitsmarkt ist in der Lage, alle verfügbaren Kräfte zu bündeln.

Die Personaldienstleister werden auch inskünftig eine wichtige Brückenfunktion im Arbeitsmarkt bilden. Zusammen mit hervorragenden Weiterbildungsmöglichkeiten und mit Blick auf die Erhaltung eines liberalen Umfelds wird ihre Rolle auch in Zukunft eine ganz massgebliche sein.

Könnte es sein, dass ältere Generationen plötzlich im Sinne eines Generationenmixes im Team einen «neuen» Stellenwert in der Arbeitswelt erhalten werden?

Ich bin selbst ein «50 Plus» und verfolge die verschiedenen Initiativen zur vermehrten (Wieder-) Einbindung dieser Altersgruppe mit grossem Interesse. Pauschal betrachtet stelle ich jedoch fest, dass der Erfolg all dieser Initiativen leider noch immer sehr bescheiden ist. Geredet wird viel, wirklich getan jedoch weiterhin wenig. Dies hängt wohl eher nicht mit diesen Initiativen selbst sondern vielmehr mit dem Rollenverständnis für diese Altersgruppe im Arbeitsmarkt zusammen. Dies ähnlich der vorerwähnten Rollenverteilung auf dem Arbeitsmarkt zwischen Mann und Frau. Auch hier kann nur eine nachhaltige Veränderung unseres Gesellschaftsverständnisses sowie eine vermehrte Einbindung älterer Arbeitskräfte zu einer gewissen Linderung des Fachkräftemangels führen.

Die Mitarbeitersuche ist mit einem grossen Aufwand seitens Personalabteilungen verbunden. Als Vorstandsmitglied von swissstaffing, was raten Sie der Personaldienstleistungsbranche wie sie Einsatzfirmen auf eine vernünftige Personalplanung und geeignete Fachleute aufmerksam machen können?

Es liegt mir fern, unserer Branche lehrmeisterliche Anregungen geben zu wollen. Wir sind integrierter Bestandteil des schweizerischen Arbeitsmarktes und damit ebenfalls vom Mangel an Arbeitskräften betroffen. Gleichzeitig sind wir auch ein wichtiger Teil der Lösung aller anstehenden Probleme. Und die vermehrte Einbindung von Frauen und älteren Mitarbeitenden gehört für uns ebenso zu den absoluten Prioritäten.

Interview: Celeste Bella, Projektleiterin Kommunikation swissstaffing

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