Facettenreiche Rekrutierung: Wie wichtig ist Personalmarketing für die Branche?

Herr Bélaz, Jörg Buckmann äusserte sich kritisch zu Stelleninseraten unserer Branche. Was sagen Sie dazu?

Ein Personalberater steht häufig unter grossem Zeitdruck und ist von den Informationen abhängig, die das Unternehmen übergibt. Das ist jedoch keine Entschuldigung für ein nachlässiges Verfassen von Stelleninseraten. Fehler haben in einem Stelleninserat nichts zu suchen und es muss aussagekräftig sein. Ein detailliertes Anforderungsprofil zu erhalten ist das A und O für ein erfolgreiches Mandat. Hier ist der Personaldienstleister gefordert, das Profil beim Auftraggeber einzuholen. Es gibt viele Personaldienstleister die ihr Handwerk ganz genau kennen und auch beim Verfassen von Stelleninseraten brillieren.

Braucht es Personalmarketing überhaupt?

Absolut. Ein starker Arbeitgeberauftritt und ein kreatives Personalmarketing wird immer wichtiger. Stichwort Fachkräftemangel: Ich bin überzeugt, dass wir erst die Spitze des Eisbergs erreicht haben und uns in Zukunft viele Fachkräfte fehlen werden. Diese müssen kreativer und zielgerechter angesprochen werden.

Besteht für die Personaldienstleister Nachholbedarf im Personalmarketing?

Uns holt man meist, wenn die eigene Personalmarketing-Kampagne nicht wie verhofft funktioniert hat (schmunzelt). Personaldienstleister müssen also nicht in erster Linie Personalmarketing-Profis sein. Dafür haben die Unternehmen eigene Spezialisten. Unser Schwerpunkt liegt in der Rekrutierung und der Beratung. Das eigene Personaldienstleistungsbüro gut zu vermarkten ist aus einem anderen Grund genauso wichtig: Eine negative Erfahrung mit dem Personaldienstleister wirkt sich negativ auf den neuen Arbeitgeber aus und natürlich auch auf weitere Kandidaten. Dazu zählt heute auch der online Auftritt des Personaldienstliester. Die online Kanäle sollten imagefördernd eingesetzt werden. Jörg Buckmann hat den Personaldienstleistern an den Regiomeetings einige kreative Tipps mit auf den Weg gegeben .

Sie sind mit Ihrem Unternehmen in der Kadervermittlung tätig. Wie rekrutieren Sie?

Nur auf Mandatbasis, das heisst ich erhalte von einem Unternehmen einen Auftrag. Mit den Kandidaten führe ich ganz sicher zwei Interviews, bevor ich den Bewerber dem Kunden vorschlage. Ebenfalls erstelle ich auch immer Persönlichkeits-Analysen und arbeite manchmal auch mit einem Grafologen zusammen. Das gibt den Gesprächen eine ganz andere Basis. Meine Berufs- und Führungserfahrung und Menschenkenntnis wirkt bei der Entscheidung ebenfalls mit.

Welche Kanäle nutzen Sie, um den passenden Kandidaten zu finden?

Zuerst einmal publiziere ich ganz klassisch Stelleninserate auf den gängigen Jobbörsen. In einigen Fällen schalten wir auch Anzeigen in Print Medien. Immer wichtiger wird heute die Direktansprache. Die Digitalisierung und damit meine ich Social Media Portale wie zum Beispiel LinkedIn oder Xing erleichtern uns die Ansprache. Gerade im Kaderbereich befinden sich viele Kandidaten (noch) nicht aktiv auf der Suche. Letztendlich hilft auch ein gutes Netzwerk bei der Suche.

Wo sehen Sie die grösste Herausforderung für den Arbeitsmarkt in Zukunft?

Der Fachkräftemangel und mit ihm der technologische Wandel werden unseren Arbeitsmarkt verändern. Unsere Grenzen müssen für Fachkäfte offenbleiben. Spezialisten können nicht von heute auf morgen ausgebildet werden und die Unternehmen brauchen sie heute. Besonders wichtig ist, dass wir langfristig planen und in gute Ausbildungen und stetige Weiterbildungen investieren. Die Mitarbeitenden mit ins Boot holen und in den Prozess einbinden. Die Technologie wird uns immer wieder herausfordern und viele einfachere Jobs ersetzen.

Was bedeutet das für die Personaldienstleistungsbranche?

Ich bin überzeugt, dass die Flexibilität im Arbeitsmarkt weiter zunehmen wird. Das ist eine Chance für unsere Branche. HR-Fachleute und Personaldienstleister benötigen viel Fingerspitzen-Gefühl und Menschlichkeit. Das wird die Technologie (zum Glück) nicht ersetzen können. Gleichzeitig müssen Personaldienstleister die technologischen Anforderungen meistern, um die Unternehmen weiterhin gewinnbringend unterstützen zu können.

Interviewt von Julia Bryner, Leiterin Marketing & Events swissstaffing

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