Eine Reform ist nötig

Wie wichtig ist die berufliche Altersvorsorge für den Schweizer Arbeitsmarkt und die Gesellschaft?

Die berufliche Vorsorge ist in der Schweiz ein wichtiger Wirtschaftszweig mit Gesamtinvestitionen von mehr als 900 Milliarden Franken. Der Markt ist sehr fragmentiert: Über 1600 Institutionen sind im Land tätig, von denen nur 75 dem öffentlichen Recht unterliegen. Es gibt jedoch einen Trend zur Konzentration: Im Durchschnitt verschwindet jede Woche eine Vorsorgestiftung.

Wir erleben heute einen Prozess der Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt. Wie passt die berufliche Altersvorsorge in eine flexible Arbeitswelt?

Der GAV Personalverleih definiert klare Regeln für die berufliche Vorsorge. Der Hauptvorteil für «Flexworker» besteht darin, dass sie mehrere Einsätze in verschiedenen Unternehmen durchführen können, während sie bei einem einzigen Arbeitgeber beschäftigt sind. Dadurch wird der administrative Aufwand durch Ein- und Austritte bei den Pensionskassen auf ein Minimum reduziert. Die Verwaltungskosten der Pensionskassen, die ja von den angeschlossenen Unternehmen und den Versicherten getragen werden, können somit begrenzt werden.

Die betriebliche Altersvorsorge befindet sich derzeit in einer komplizierten Situation. Welche Verbesserungen sollten Ihrer Meinung nach vorgenommen werden?

Die Situation wird dadurch erschwert, dass die erwarteten finanziellen Erträge seit vielen Jahren niedrig sind und die Lebenserwartung laufend steigt.

Neue Modelle werden derzeit geprüft und es ist zu hoffen, dass sie die notwendigen Anpassungen ermöglichen. Dazu gehört zum Beispiel die Harmonisierung der Beitragssätze. Derzeit steigen sie mit dem Alter an, was bedeutet, dass ein junger Mitarbeiter bei gleicher Bezahlung weniger kostet als ein älterer. Dies ist eine Form von Diskriminierung und beeinträchtigt klar die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmenden über 50.

Die Reform sollte es auch ermöglichen, Teilzeitbeschäftigte nicht mehr zu diskriminieren, indem der Abzug des Koordinationsbeitrags aufgehoben wird.

Für gewisse Menschen, insbesondere für junge, spielt die berufliche Vorsorge noch keine grosse Rolle. Ist das ein Phänomen, das Sie auch im Zusammenhang mit der Rekrutierung bei der Interiman Group beobachten?

Junge Menschen und Temporärarbeitende aus dem Ausland sind sich über das schweizerische Sozialversicherungssystem nicht wirklich im Klaren. Das Schweizer Drei-Säulen-System ist in der Regel effizient und flexibel, aber im Detail etwas schwer verständlich. Unsere Agenturen leisten viel Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit. Die Schulung unserer internen Mitarbeiter ist daher sehr wichtig, da sie mit unseren temporären Mitarbeitenden in Kontakt stehen. Dafür stehen ihnen eigens entwickelte E-Learning-Module zur Verfügung. So ist es beispielsweise sehr wichtig, dass ein ausländischer Arbeitnehmer, der sich entschliesst, die Schweiz dauerhaft zu verlassen, gut über sein BVG-Guthaben informiert ist.

Wie beeinflussen die Personaldienstleister die Sozialwerke positiv und was können sie noch besser machen?

Die Personaldienstleister sind verpflichtet, das Gesetz über die berufliche Vorsorge einzuhalten, dem auch Temporärarbeitende unterliegen. Die Notwendigkeit einer Reform der Altersvorsorge geht über unseren Kontext hinaus und muss allen Schweizer Arbeitnehmenden zu Gute kommen.

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