Flexible Arbeit ist wirtschaftlich wie gesellschaftlich eine Notwendigkeit. Die Unternehmen sind auf Flexibilität angewiesen, um im ständigen Wettbewerb anpassungsfähig zu bleiben. Die Arbeitnehmenden wünschen Flexibilität, um berufliche und private Verpflichtungen besser zu vereinbaren. Eine Win-win-Situation? Zweifelsohne – sofern Flexwork richtig organisiert wird, sodass die damit verbundenen Vorteile maximiert und allfällige Risiken minimiert werden. Der Branchenverband swissstaffing setzt sich dafür ein.
Vielfältige Realität Flexwork
Flexible Arbeit ist kein abstraktes Phänomen der Zukunft, sondern Realität. Jeder vierte Erwerbstätige oder rund 1,3 Millionen Menschen in der Schweiz arbeiten bereits als Flexworker.1 Sie sind in einem Arbeitsarrangement tätig, das sich ausserhalb der klassischen, unbefristeten Vollzeit-Festanstellung bei einem einzigen Unternehmen bewegt. Das sind namentlich Selbstständigerwerbende ohne Angestellte, Mehrfachbeschäftigte, Teilzeitarbeitende mit Pensen unter 50 Prozent, Arbeitende auf Abruf und Temporärarbeitende. Damit leisten Flexworker einen massgeblichen Beitrag zur Wertschöpfung in unserem Land.
Die Menschen hinter den flexiblen Arbeitsformen sind hinsichtlich ihrer Motive noch vielfältiger als die Arbeitsformen selbst. Sie reichen von Studierenden, die sich ihre Ausbildung finanzieren, über Menschen in der Mitte ihres Lebens, die Unabhängigkeit suchen oder für Angehörige sorgen, bis zu über 60-Jährigen, die fliessend in den Ruhestand wechseln.
Lösungen aus der Praxis wegen lückenhafter Gesetze
Das Schweizer Arbeits- und Sozialversicherungsrecht ist noch nicht in dieser Realität angekommen. In verschiedenen Bereichen fehlen Lösungen oder wird flexibles Arbeiten noch erschwert. Die Arbeitszeit kann zum Beispiel noch nicht frei über den Tag oder die Woche verteilt werden, obwohl sich das viele Arbeitnehmende wünschen (und teils auch schon tun). Wer mit niedrigem Pensum arbeitet oder mehrfachbeschäftigt ist, bekommt Lücken in der Altersvorsorge und im Invaliditätsschutz, weil das Sozialversicherungsrecht auf die traditionelle Vollzeitstelle ausgelegt ist.
Für die Temporärarbeit hat die Personaldienstleistungsbranche daher eigene Lösungen entwickelt, die eine optimale Balance zwischen Flexibilität und sozialer Sicherheit gewährleisten. Da Temporärarbeitende als Angestellte gelten, kommt das Arbeits- und Sozialversicherungsrecht zur Anwendung. Damit Temporärarbeitende ab der ersten Einsatzstunde fürs Alter vorsorgen können und gegen Invalidität abgesichert sind, rechnet die Branche BVG-Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug auf den Stundenlohn um. Über den Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih besteht eine Krankentaggeldversicherung, die unabhängig von der Dauer des Temporäreinsatzes im Bedarfsfall Leistungen von bis zu 720 Tagen erbringt. Zudem betreibt der Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih einen Weiterbildungsfonds, der ab einer Einsatzdauer von bereits 2 Wochen Weiterbildungsleistungen erbringt. Diese können innerhalb eines Jahres für Weiterbildungen im Berufsfeld der eigenen Wahl bezogen werden. Finanziert wird der Fonds über obligatorische Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge.
Umsicht geboten bei Gesetzesanpassung
Verschiedene Politikerinnen und Politiker sind sich des Flexwork-Trends bewusst und suchen nach zukunftsfähigen Gesetzesrevisionen. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten. Eine «radikale» Flexibilisierung droht das geltende Arbeits- und Sozialversicherungsrecht aus den Fugen zu heben. Mit einer Gesetzesrevision darf keine schädliche Abwärtsspirale ausgelöst werden, die die soziale Absicherung zuletzt dem Staat aufbürdet. Aktuelle Gesetzesprojekte zur Erleichterung der Selbstständigkeit bergen ein solches Risiko.
Auch in flexiblen Arbeitssettings sollten weiterhin Arbeitnehmende und Arbeitgeber für die soziale Absicherung aufkommen. Dafür spielt der Angestellten-Status eine zentrale Rolle. An ihm sollte nicht unbedacht gerüttelt werden. Mehr Flexibilität erfordert nicht zwingend mehr Selbstständigkeit im rechtlichen Sinne. Die Selbstständigkeit sollte weiterhin nur denjenigen Personen offenstehen, die aus einer unabhängigen Stellung hinaus tätig sind und die für ihre sozialen Risiken wie Alter, Krankheit oder Erwerbslosigkeit selber aufkommen können.
Dieser Punkt ist insbesondere im Zusammenhang mit der Plattformarbeit zu beachten. Die Plattformarbeit ist zu begrüssen, weil sie Kunden und Leistungserbringer einfach zusammenbringt. Die arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Einbettung muss aber umsichtig organisiert werden. Anderenfalls geraten diejenigen Anbieter unter Wettbewerbsdruck, welche zusammen mit ihren Angestellten für die soziale Absicherung aufkommen. Sie würden gezwungen, auf ein Modell mit Selbstständigerwerbenden umzusatteln. Wenn diese aber für ihre Risiken nicht selber aufkommen können, bezahlen am Schluss der Staat bzw. die Steuerzahler.
swissstaffings Engagement für gute Rahmenbedingungen
In diesem Umfeld des Wandels übernimmt swissstaffing, der Branchenverband der Personaldienstleister, Verantwortung. Die Temporärarbeit ist ein ideales Instrument, um Arbeitnehmenden und Unternehmen die gewünschte und erforderliche Flexibilität anzubieten und gleichzeitig die Errungenschaften des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts in die Moderne zu transportieren. Vieles wurde mit den erwähnten BVG-, KTG- und Weiterbildungslösungen schon erreicht. Das starke Wachstum der Temporärarbeit über die letzten drei Jahrzehnte hinweg bestätigt die Problemlösungsfähigkeit dieser Arbeitsform.
Diesem Wachstum möchte die Branche Rechnung tragen, indem sie weiter in ihre Qualität und Professionalisierung investiert. Gemeinsam haben Verband und Mitglieder Handlungsfelder identifiziert, die in eine Neuauflage des swissstaffing-Qualitätslabels münden. Der Trend zu mehr Flexwork soll dadurch weiter unterstützt werden.
Das neue swissstaffing-Qualitätslabel legt einen besonderen Fokus auf die Aus- und Weiterbildung des internen Personals beim Personaldienstleister und auf die Arbeitssicherheit der Temporärarbeitenden. Zudem wird eine engmaschigere Kontrolle der Einhaltung der Gesetze im Bereich Sozialversicherungen und Datenschutz implementiert und die interne Organisation beim Personaldienstleister optimiert. Im Audit werden Themenfelder wie Geschäftsmodell, Organigramm, Prozesslandschaft, Risikomanagement, internes Kontrollsystem, Kundenzufriedenheit und Kommunikation überprüft und reflektiert. Mit diesem Engagement für noch mehr Qualität in der Personaldienstleistung sollen die Rahmenbedingungen für flexibles Arbeiten weiter verbessert werden, damit Flexwork Unternehmen sowie Arbeitnehmenden dient und den Wandel in der Wirtschaft stärkt.
1 swissstaffing (2022). White Paper – Temporärarbeitende sind am besten gestellt: flexible Arbeitsmodelle im Vergleich